Nach den mit Besichtungen der altaegyptischen Tempel bei Assuan gefuellten Tagen, machten wir uns auf, den lebensspendenden Nil von eben Assuan aus in Richtung Norden, stromabwaerts bis Edfu zu besegeln. Fuer den dreitaegigen Trip wurde eine Felucca (Felucke) auserkoren und mit dem Kapitaen alles geschaeftliche geregelt. Die Stopps unterwegs, unsere Verpflegung mit aegyptischen Koestlichkeiten, die genaue Dauer und natuerlich der Preis fuer das Boot inklusive Segel. Die Verhandlungen tags zuvor waren ausserordentlich angenehm, ohne aufgeregtes Herumfeilschen, ohne Geplaerre um den Preis, ohne unterschwellige Verschlagenheit. So dass sich beide Seiten wohlfuehlten und wir alle ein gutes Gefuehl fuer den Aufbruch am naechsten Tag hatten. Als dritter Reisegefaehrte gesellte sich Gerhard aus Bayern dazu, den wir einige Tage zuvor bei einem Ausflug nach Abu Simbel kennengelernt hatten. Ein angenehmer Reiseberichteerstatter fuers oeffentliche Fernsehen, mit dem die Fahrt sehr interessant und entspannend wurde.
Der Aufbruch verzoegerte sich allerdings um zwei Stunden, da die noetigen Papiere fuer die Fahrt von der oertlichen Touristenpolizei nicht rechtzeitig fertig wurden, aber Zeit ist etwas, das wir derzeit doch recht ausreichend zur Verfuegung haben. Unsere Felucca war ein etwa 12 Meter langes Boot auf dem normalerweise etwa sechs bis sieben Passagiere platzfinden. Wir konnten es uns also zu dritt recht gemuetlich einrichten und auf dem Boot die ganze Fahrt ueber ausgestreckt liegend herumluemmeln und einfach nur die vorbeiziehende Landschaft begaffen. Die Haelfte der Felucca bestand aus Schaumstoffmatten, die mit einem rosaroten Stoff abgedeckt wurden. Der Teil vor dem Bug war fuer unsere Bordkueche reserviert, in der auf einem Gaskocher unsere Speisen waehrend der Fahrt zubereitet wurden. Dies von unserem zweiten Begleiter neben dem Kapitaen, welcher vor allem die Kueche und Hilfestellungen beim Segelsetzen und Ankern uebernahm. Er durfte sogar am Ende unserer Fahrt selber ans Ruder und dies bei aeusserst starkem Wind. Da lag das Boot schon manchmal recht einseitig im Wasser, wie man es von den Segelkatamaranen kennt und wir machten gute Fahrt. Die meiste Zeit ueber steuerte aber unser Kapitaen das Boot mit seinem riesigen blau-weissen Ruder. Dies meist in liegender Stellung, mit dem linken Arm das Ruder in die richtige Stellung bringend, waehrend er sich mit seinem rechten Fuss am niedrigen Gelaender der Felucca abstuetzte, um die noetige Kraft aufzubringen. Meine Vorstellung, dass wir ganz einfach in der Mitte des segensreichen Nils mit dem Wind stromabwaerts segeln wuerden, entsprach so ueberhaupt nicht der Wirklichkeit. Da der Wind meist aus Norden weht, dies heisst also stromaufwaerts, mussten wir einen Zickzack-Kurs nehmen, der meist die ganze Breite des Nils einnahm. So kamen wir unterstuetzt von der Stroemung recht gemaechlich voran. Durch das staendige Wenden in der Naehe der Nilufer, stellte sich das Segel natuerlich auch immer um und die beweglich-gleitend ausgefuehrten Aufhaengungen der Seile, die mit dem Segel verbunden waren, machten bei jeder Richtungsaenderung ein angenehmes kratzendes Geraeusch, welches zusammen mit dem Wellenschlag eine meditative Klangkulisse ergab. Die wir oft nutzten, um ab und zu mal ein kleines Nickerchen einzulegen.
Wenn man so auf dem Nil unterwegs ist, merkt man erst so richtig, dass der Nil eigentlich Aegypten ist. Links und rechts der Ufer erstreckt sich die wohl laengste Oase der Welt, dahinter ist nur mehr durst- und todbringende Wueste. Der ehemals vom Nilschlamm befruchtete Streifen strotzt nur so von Leben und Ueppigkeit. Langezogene Dattelpalmenhaine mit Gemuese- und Leguminosenanbau im Schatten dieser, wechseln sich ab mit Zuckerrohrfeldern oder einfach nur grasiges Weideland fuer Bueffel und Kuehe. Die Felder der Fellachen in Nilnaehe sind meist relativ kleine Parzellen, die mit Zwiebeln, Tomaten, Mais, Baeumen mit Zitrusfruechten und aehnlichen angebaut werden. Durch kleine handgegrabene Kanaele wird das Wasser auf den Feldern verteilt. Der Hoehenunterschied vom Nil zum umliegenden fruchtbarem Land wird durch laute Pumpwerke ueberwunden, die dampfend nach luftringend einen Krach machen, wie eine Horde von Barbaren aus dem Hohen Norden. Vereinzelt sieht man hinter dem Gruen Fellachen-Doerfer mit Flachdachhaeusern hervorblitzen, die meist am Rande zur Wueste gebaut wurden, um moeglichst wenig vom „guten“ Land wegzunehmen. In Edfu-Village, wo unsere Reise zu Ende ging, wurden wir sehr herzlich in so einem Dorf empfangen. Seltsamerweise von den dortigen Frauen, die hier anscheinend „die Hosen anhaben“ und uns Drei zu einem Tee einluden. Aufmerksam beaeugt von der Grossfamilie nahmen wir den gezuckerten Tee auf einem Holzbett im Innenhof ein und unterhielten uns im gebrochenen Englisch mit den Frauen und Kindern. Zuerst waren wir noch ein wenig besorgt, was wohl die vom Gebet zurueckkehrenden Maenner von unserer Anwesenheit in ihrem geheiligten Haus halten wuerden. War aber unbegruendet, da der alte Herr des Hauses eher gelangweilt war und er setzte sich eher widerwillig zu uns, um dann ,nur ins Leere starrend, Daumen zu drehen und zu hoffen, dass wir nicht zu lange bleiben wuerden. Lange blieben wir eh nicht, da schon das koestliche Abendessen auf uns wartete und wir uns also recht freundlich, mit allen haendeschuettelnd, von der Grossfamilie verabschiedeten. Hinter den Doerfern oder den Feldern faengt abrupt die sandige Wueste an, die so oede und todbringend ist, dass diese Landschaft wohl auch Teil daran hat, dass sich hier bei den alten Aegyptern so ein ausgepraegter Totenkult entwickelte.
Da wir am Boot praktisch nichts zu tun hatten, verbrachten wir unser Fahrt mit ausgedehnten Nachmittagsschlaefchen, gutem Essen, vorbeifahrende Fischer gruessen und schauen und staunen und schauen und staunen.
Am Nil herrscht ueberraschend wenig Verkehr. Frachter wurden so gut wie keine gesichtet und die einzigen grossen Schiffe waren die Touri-Liner, die zwischen Luxor und Assuan hin- und herpendeln. Wir auf unserer Felucca waren natuerlich ein gern geknipstes Motiv von den Linern aus. So werden wir wahrscheinlich fuer ein paar Sekunden in so mancher langweiliger Reisediashow vorkommen und so in Zukunft oft bestaund werden.
Unsere beiden Bootsfuehrer waren verdammt relaxt und so angenehm im Umgang mit uns, dass wir es sicher noch Wochen auf der Felucca ausgehalten haetten. Waeren da nicht die Muecken der letzten Nacht gewesen. Uebernachtet wurde immer am Boot, das zu diesem Zwecke mit Stoffbahnen eingehuellt wurde, um den Wind abzuhalten. Wirklich nur den Wind, da die Muecken wohl diese Grenze nicht respektieren und ueber uns, waehrend der Reise Aufgepaeppelten, herfielen. Mein Gesicht und Hals, die einzigen Koerperteile die aus meinem Schlafsack rausragten, waren zerstochen und durch das staendige Summen dieser kleinen Blutsauger, war an Schlaf nur zu denken.
Egal, dafuer sahen wir einige der schoensten Tempel in Aegypten.
Am ersten Tag besuchten wir die Tempelanlagen von Kom Ombu, die, direkt am Nil gelegen, foermlich aus dem dunkelgruenen Wasser herauszuwachsen scheint – wie Papyrus. Eine Doppelheiligtum, welches den beiden Sonengoettern Sobek und Haroeris gweiht war/ist. Der krokodilkoepfige Gott Sobek begleitet die Sonne durch das Meer der Nacht und uebergibt diese am Morgen an den falkenkoepfigen Haroeris, der diese dann ueber den Tag bewacht. Mehr noch als der Nil wurde die Sonne im alten Aegypten verehrt. Der Koenig der Goetter, Amun-Ra war die hoechste Gottheit, der alles und alle erschuf. Diese Wichtigkeit war am Morgen unserer ersten Nacht auf der Felucca durchaus nachvollziehbar. Ziemlich froestelnd mit steifen Gliedern warteten wir auf die Sonnenscheibe. Als endlich Amun-Ra sich bequemte die Sonne erscheinen zu lassen, weckten die Sonnenstrahlen unsere Lebensgeister und wir konnten die kleine Wiedergeburt bei einem herzhaften Fruehstueck an Bord feiern.
Einen Stopp legten wir noch an einem Steinbruch an einer Nilengstelle ein, wo die gewaltigen Sandsteinbloecke aus dem Felsen herausgeschnitten wurden und einen weiteren Tempelbesuch in Edfu beim Tempel des Gottes Horus. Edfu war auch unser letzter Schlafplatz und am Morgen nach der dritten Nacht an Bord, mussten wir uns von Crew und Felucca mit Wehmut trennen und den weiteren Weg mit Auto und Zug nach Luxor zuruecklegen.
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Lieber Nane,
entschuldige die kesse Anrede mit Deinem Spitznamen, aber durch Jörgs Erzählungen weiß ich schon so viel, dass ich so frei bin. Ich bin Jörgs „Hermano“, aber das weiß Du vermutlich schon.
Nachdem ich mehr in Jörgs Blog lese, möchte ich Dir heute trotzdem ein paar Zeilen schreiben.
Ich freue mich sehr, dass Du mit Jörg diese Reise machst, von der er schon so lange geträumt hat. Er hat auch immer viel von Dir als idealem Reisepartner erzählt, und ich denke Ihr seid ein ideales Gespann.
Jörg hat in Mails oder via Skype öfters erwähnt, dass die Reise ohne Dich oft unerträglich wäre. Und dass Ihr zu zweit in manchen Situationen gelacht habt, wo einem alleine zum Heulen zumute wäre.
Deshalb: ich bin sehr froh und dankbar, dass Du „meinen Hermano“ auf dieser Reise begleitest, ich freue mich sehr über Eure Berichte und ich weiß, dass Ihr gut aufeinander „aufpasst“.
Hat Jörg in Äthiopien und Ägypten eigentlich auch diese nächtlichen Niesanfälle? Oder ist das tatsächlich einen „Hermano-Allergie“?
Ich wünsche Dir auf jeden Fall von ganzem Herzen viel Spaß auf Eurer weiteren Reise, viele tolle Begegnungen, Gesundheit und einen geschützten Reiseverlauf.
Vielen Dank und Herzliche Grüße
Stefan
dein segelturn klingt sehr idyllisch! hast lust bekommen segeln zu lernen???